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Spenden statt schenken: Weihnachten fällt heuer aus

„Übrigens, wenn wir schon alle zusammen sitzen…“ In unserer Familie ist das seit jeher die Einleitung zu wenig Erfreulichem. Bambarabammm, Paukenschlag. „Ich bin nicht mehr mit xy zusammen“ oder gar „Xy ist gestorben“ sind mögliche Fortsetzungen. Aber auch besonders Erfreuliches wie „Wir bekommen ein Kind“ kann folgen. Sagt einer von uns diesen Satz, wissen jedenfalls alle: Jetzt kommt was…

„Wenn wir schon alle zusammen sitzen…“, beginne ich an diesem Nachmittag. Alle Blicke sind auf mich gerichtet. Jetzt kommt was. „…wenn es für euch okay ist, dann möchte ich euch heuer nichts schenken. Und ich fände es schön, wenn ihr das umgekehrt auch so macht.“

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Refugees in Wien: Nachts am Hauptbahnhof

Mein Gewissen meldet sich unerwartet laut bei mir: Fahr zum Hauptbahnhof, vielleicht kannst du etwas tun. Dort kommen immer wieder Züge mit Flüchtlingen an. Weniger zwar als am Westbahnhof, aber eben auch. Am Westbahnhof, höre ich, werden zu diesem Zeitpunkt gerade keine weiteren Spenden und Freiwillige benötigt. Ich bin unsicher, ob ich überhaupt helfen kann oder nur anderen im Weg stehe. Vielleicht sind dort auch schon genug helfende Hände. Aber ich fahre am Abend einfach los. Notfalls kann ich ja wieder umdrehen, denke ich.

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20! Tausend! Danke, Wien!

Wienerinnen und Wiener, ich bin unglaublich glücklich. Mehr als 20.000 von euch haben auf einen der letzten Sommerabende in diesem Jahr verzichtet, um gemeinsam auf die Straße zu gehen. Das Motto der friedlichen Kundgebung: Mensch sein in Österreich. Immer noch mehr Menschen strömen aus den U-Bahn-Stationen, es hört gar nicht auf. Mit großen Augen starren wir später auf die ersten Luftaufnahmen in den sozialen Netzwerken. 20! Tausend! Mindestens!

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Traiskirchen again – darf man eigentlich noch hoffen?

Mir geht diese junge Frau nicht aus dem Kopf, die ich gestern getroffen habe. Wir stehen vor dem Flüchtlingslager Traiskirchen, reden ein bisschen, ihr Bruder übersetzt. Beide stammen aus Syrien, erzählt er. Er ist vor zweieinhalb Jahren nach Österreich gekommen, lebt in Linz. Von dort aus ist er an diesem Tag ungefähr eineinhalb Stunden nach Niederösterreich gefahren, um seine Schwester und ihre Kinder zu besuchen. Sie sind erst vor fünf Tagen in Traiskirchen angekommen. Drei Monate waren sie zuvor auf der Flucht. Am schlimmsten, sagt die Frau, sei es in der Türkei und in Ungarn gewesen.

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Traiskirchen – ein surrealer Ort, der Bescheidenheit lehrt

„Baby, i love you to want me“, tönt es aus dem Autoradio. Ich sitze auf der Rückbank, den Kopf an eine zusammengerollte Isomatte gelehnt. Das Auto ist bis oben hin vollgepackt mit Kleidung, Taschen, Schuhen, Hygieneartikeln, Kinderspielsachen und Obst, sogar ein Zelt ist dabei. Mit ist übel, schon den ganzen Vormittag… nein, eigentlich seit Tagen. Wir sind am Weg nach Traiskirchen und ich habe keine Ahnung, was uns dort erwarten wird. Unzählige Berichte habe ich in den letzten Tagen gelesen: von Freunden, Bekannten und Fremden. Wir haben viele Tipps bekommen: Nicht direkt vor dem Haupteingang zum Erstaufnahmezentrum parken, um zu vermeiden, dass 20 Menschen auf einmal auf das Auto einstürmen, vielleicht wahllos nehmen, was sie gar nicht brauchen. Sich besser einen Platz etwas abseits suchen, herumgehen und die Leute gezielt ansprechen. Auf alles vorbereitet sein, vor allem auch auf die eigenen Emotionen.

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Zu viel Zeug hier, zu wenig Zeug dort

Wochen-, monate-, teilweise jahrelang konnte ich es aufschieben. Mein Kleiderschrank war schon zu lange prall gefüllt mit Gewand, dass mir nie mehr passen und/oder gefallen würde. Ständig, immer häufiger höre ich dagegen von Menschen, die im Gegensatz zu mir nichts haben. Wusste ich natürlich schon. Aber wir kennen alle Gründe, warum man das Unausweichliche aufschiebt: keine Zeit, keine Lust, irgendwann werde ich es schon machen, vielleicht brauche ich es ja doch noch..

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