Apps wie „Who unfollowed me“ verständigen mich, wenn mich zum Beispiel bei Twitter jemand entfolgt oder blockiert. Ich schmunzle immer ein bisschen über solche Anwendungen, denn mich interessieren Entfolgungs- und Blockier-Aktionen von mehr oder weniger Fremden gar nicht. Anders ist es bei Menschen, die Teil meines „realen Lebens“ sind, die vielleicht sogar durch Twitter und Co erst dazu geworden sind. Bei denen schmerzt ein plötzliches „Tschüß“ ohne „Tschüß“ zu sagen natürlich sehr. Leute, die ich zu meinen Freunden, guten, lieben beziehungsweise geschätzten Bekannten zähle und die das umgekehrt auch machen, sollten sich nicht klammheimlich aus dem Staub machen. Sollten. Kommt leider trotzdem vor.
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Wortloser Abschied
Hallo du. Ja, du bist gemeint, fiktiver Mann.
Du weißt natürlich, dass fiktiv nicht ganz richtig ist. Du bist ebenso real wie er, er und auch er. In vielem seid ihr so unterschiedlich gewesen, aber eines hat euch alle geeint: Keiner hat geredet. Immer ist alles gut gewesen, wir sind einander näher gekommen, es hat sich, wie man so schön sagt, etwas entwickelt zwischen dir und mir. Es war nie fad. Du hast dich um mich bemüht. Vielleicht habe ich nicht rechtzeitig bemerkt, wie das Bemühen nachgelassen hat. Vielleicht wollte ich es nicht sehen. Ich wünschte, du hättest mit mir geredet. Manchmal wünschte ich, du würdest es wenigstens jetzt, Wochen, Monate, Jahre später, tun. Irgendwann hast du dich jedenfalls von mir verabschiedet. Nicht laut, nicht deutlich, nicht vorhersehbar. Manchmal nicht einmal leise, sondern ganz einfach stumm. Kein Wort. Nichts.
Vom Vermissen
„Vermisst du was?“ ist ja so die übliche Frage, wenn ich mal wieder irgendwas ausgestreut habe. Zuletzt meine Sonnenbrille. Der Finder meiner Brille hat sie dankenswerterweise mitgenommen und wir treffen uns nächste Woche zum Austausch auf ein Bier. Dabei sollten Bier und Plaudern eh wichtiger sein, denn das andere ist nur ein Gegenstand. Soziale Kontakte und so – das ist der Punkt.
Tod unter der Reichsbrücke
In diesem Text geht es um das Sterben eines mir unbekannten Mannes. Ich stelle das deshalb an den Anfang, weil ich sicher bin, dass nicht jeder so etwas lesen möchte. Überlegt, ob ich das überhaupt veröffentlichen möchte, habe ich lange und intensiv. Ich habe mich schließlich dafür entschieden, denn es ist nun einmal real und es ist mir passiert. Daher ist alles, was ich hier schreibe, auch meine Sichtweise der Dinge. Wie es anderen Menschen geht, die Ähnliches erlebt haben, darüber maße ich mir selbstverständlich kein Urteil an. So viel nur vorab.
Freud‘ und Leid, ein unzertrennliches Paar
Uns Wienern wird ja gerne ein gewisser Hang zum Morbiden unterstellt. Das mag durchaus stimmen, sofern es um die Theorie geht. Hunderte oder vielleicht sogar tausende Buchtitel zeugen davon. Auch ich bin bekennender Fan etwa des Kriminalmuseums im zweiten Bezirk, düsterer Bücher und Filme, ich besuche gerne Friedhöfe, mache Stadtspaziergänge und lasse mir dabei erzählen, welche Tragödien sich in manchen – bis heute erhaltenen – Gebäuden meiner Stadt abgespielt haben (zum Beispiel die Morde an jungen Frauen durch Gräfin Bathory in der Blutgasse). Die Faszination am Grausamen.
Leb wohl, alter Freund!
Zuerst ist es lediglich ein Gerücht gewesen. Krankenhaus. Okay, das trifft jeden mal. Dann: „Er schaut wirklich sehr schlecht aus… Es schaut schlecht aus.“ Zwei Tage später: „Er soll verstorben sein, aber wir wissen es auch nur aus zweiter, dritter Hand.“ Wirklich ein Gerücht? Es gibt ja viele Menschen, die irgendetwas erzählen, weil sie irgendwo irgendetwas aufgeschnappt haben. Da muss man vorsichtig sein. Nachrichten an zig Leute geschickt, die ihn auch kennen. Leute, die ich teilweise nicht einmal selbst kenne. Niemand hat eine aktuelle Nummer gehabt, niemand hat es genau gewusst. Nur von dem Gerücht hatten die meisten gehört. Immer haben sie nur gesagt: „Wenn du irgendwas erfährst, bitte sag Bescheid.“