Eigentlich wollte ich das Centimeter am Spittelberg bis an mein Lebensende meiden. Vergleichbar vielleicht mit dem Ex, den man auch nie wieder hören und sehen wollte, und dann ergibt sich irgendwann doch ein erneutes Zusammentreffen und man merkt wahlweise, dass es mit ihm erstaunlich okay ist, oder aber man bekommt bestätigt, warum man damals keinen Kontakt mehr wollte. So ist das mit dem Centimeter auch. Viele Jahre war ich nicht mehr drinnen, bis es mich gestern mit ein paar Bekannten auf den Weihnachtsmarkt am Spittelberg verschlägt. Uns ist kalt, wir haben Hunger, die Entscheidung der Gruppe fällt auf eben dieses Lokal, also gebe ich ihm eine neue Chance.
Das Grätzel rund um die Taborstraße kenne ich recht gut. Vor allem Abends. Mein Stammlokal, das Tachles, ist gleich um die Ecke, außerdem das Bricks, der Würstelstand vorm Bricks, die sehr gemütliche Hammond Bar (eine ausdrückliche Empfehlung von mir, weil sie auch wirklich was von Cocktails verstehen – und okay, rauchen darf man auch ;)), im „Naschkätzchen“ hatte ich mal eine Art Frühstücks-Date, das mexikanische Restaurant Pancho (auch eine Empfehlung), im Sommer lockt der Augarten… Aber findet in der Gegend mal Vormittags ein nettes Lokal für ein schnelles Frühstück.
„Du solltest Kolumnen schreiben“, meinte eine liebe Kollegin erst gestern zu mir. Ehrlich, ich würde das sehr gerne machen, insgeheim ist das sogar ein Traum von mir. Ideen hätte ich unendlich viele.
Apps wie „Who unfollowed me“ verständigen mich, wenn mich zum Beispiel bei Twitter jemand entfolgt oder blockiert. Ich schmunzle immer ein bisschen über solche Anwendungen, denn mich interessieren Entfolgungs- und Blockier-Aktionen von mehr oder weniger Fremden gar nicht. Anders ist es bei Menschen, die Teil meines „realen Lebens“ sind, die vielleicht sogar durch Twitter und Co erst dazu geworden sind. Bei denen schmerzt ein plötzliches „Tschüß“ ohne „Tschüß“ zu sagen natürlich sehr. Leute, die ich zu meinen Freunden, guten, lieben beziehungsweise geschätzten Bekannten zähle und die das umgekehrt auch machen, sollten sich nicht klammheimlich aus dem Staub machen. Sollten. Kommt leider trotzdem vor.
„Ich bin einfach glücklich… Oops, hab ich das gesagt?“ Meine Bekannte schaut mich verwundert an. „Naja, es ist nicht so, dass ich nie glücklich wäre, aber der Satz ist mir schon lange nicht mehr über die Lippen gekommen“, lache ich. Im Moment fühle ich mich tatsächlich so, als hätte ich in einer Achterbahn Platz genommen, würde die Arme ausstrecken und jeden Luftzug, jedes einzelne Looping genießen. Als könnte ich die Aufs und Abs, die das Leben bietet, endlich als einen Teil von mir akzeptieren. Sicherlich ist an dem fetten Grinser, den ich jetzt ständig im Gesicht trage, auch die Tatsache schuld, dass ich in eineinhalb Wochen im Flieger nach Hanoi sitzen werde. Reisefieber. Unbändige Vorfreude. Erinnerungen an meine Indien-Reise vom letzten Jahr werden wach. Die gigantischen Bauwerke. Die Unmengen an Menschen, zwischen denen ich mich so lebendig gefühlt habe. Die langen, entspannten Busfahrten mit der an uns vorbeiziehenden Landschaft. Neue Menschen, die teilweise zu Freunden geworden sind. Viele kleine Abenteuer. Das Leben war plötzlich so leicht und an dieses Gefühl erinnere ich mich wieder, während ich diese Zeilen schreibe. Der Alltagswahnsinn hatte mich das zwischendurch ein wenig vergessen lassen.
oe24.at/“Österreich“ hat vor Kurzem einen Artikel veröffentlicht, der den Titel „Flüchtlinge fahren bereits gratis mit Öffis“ trägt. Weiter geht es mit „Nun wird öffentlich, dass die Flüchtlinge schon lange die teuren Monatskarten bekommen“… Ein nicht genannter Leiter eines ebenfalls nicht genannten Flüchtlingsheimes soll laut dem Bericht gesagt haben, in der Unterkunft würden bereits alle Flüchtlinge mit Gratis-Monatskarten fahren, wenn sie Bildungsmaßnahmen wie Deutschkurse besuchen. Die Kosten übernehme der Fonds Soziales Wien (FSW). Wobei, immerhin das steht im Artikel, Monatskarten in Summe jedenfalls günstiger sind, als Einzelfahrscheine, kostenmäßig und bürokratisch. Dass dieser Text vielfach auch auf einschlägigen rechten Seiten geteilt wurde und wird, muss ich wahrscheinlich nicht extra betonen. Klar, er suggeriert ja auch, alle Flüchtlinge würden gratis mit den Wiener Linien fahren, Neid ist da vorprogrammiert. Wobei ich mich frage: Neid worauf? Die Leute haben ja nicht viel. Möchte echt jemand tauschen? Mit dem bisschen Geld, das sie monatlich zur Verfügung haben, können sie die Tickets für die Öffis selbst gar nicht finanzieren.