Nach über sechs Jahren als freie Journalistin und Texterin gibt es immer noch Situationen, die neu für einen sind. Was ich aber von Anfang an immer wieder erleben musste, ist das Thema unfaire Bezahlung. Weil der freie Journalismus großteils leider sehr schlecht vergütet wird, habe ich mich von diesem Standbein inzwischen schon schweren Herzens verabschiedet. Ich bin nicht mehr bereit, einen Teil meiner Arbeit mit anderen Aufträgen querzufinanzieren, als wäre es nur ein Hobby. Ob das für immer so bleiben wird oder ich für mich irgendwann einen Weg finden werde, wieder beides zu machen, wird man sehen.
Aber was ich als freie Journalistin genauso erlebt habe wie ich es auch weiterhin als freie Texterin erlebe: Immer wieder werden Geschichten beauftragt, die dann entweder gar nicht oder erst viel später bezahlt werden. Zum Glück tausche ich mich seit Jahren intensiv mit Kolleg*innen aus, allem voran über den Verein Freischreiber Österreich, und weiß daher, dass solche Dinge sehr vielen von uns passieren. Man kommt sich ja irgendwann blöd vor, zweifelt sogar an seinen Fähigkeiten, wenn die eigene Arbeit anscheinend nichts wert ist.
Die tatsächliche Arbeit von Menschen, die vom Schreiben leben, wird nicht gesehen.
Das Szenario ist immer relativ ähnlich und lässt für mich nur einen Schluss zu: Die tatsächliche Arbeit von Menschen, die vom Schreiben leben, wird nicht gesehen. Man wollte mich zum Beispiel einmal im Nachhinein beim Preis drücken, nachdem die beauftragten Artikel sogar schon gedruckt waren und ich meine Rechnung mit dem vorab vereinbarten Honorar geschickt habe. Oder Artikel wurden auf eine spätere Ausgabe verschoben und sollten erst dann bezahlt werden mit dem Argument, dass immer erst nach Erscheinen bezahlt werde. (Dazu ist noch zu sagen, dass nur in den seltensten Fällen bereits bezahlt wird, wenn der Artikel geliefert und als gut befunden wird. Zumeist liegen Texte schon einmal einige Zeit in irgendeinem Ordner oder Redaktionssystem, bevor sie erscheinen.) Ich musste auch schon monatelang meinem Honorar nachlaufen, weil die beauftragten Texte überhaupt ungewöhnlich lange in der Redaktion liegen geblieben sind. Und das sind nur einige von vielen Beispielen. Im Gegensatz zu manchen Kolleg*innen war ich wenigstens noch nie gezwungen, ein offenes Honorar einzuklagen. Das ist dann überhaupt der worst case.
Die Selbstständigkeit lehrt einen vieles
Natürlich lernt man aus all dem Erlebten immer weiter dazu. Man versucht sich beim nächsten neuen Auftrag noch besser abzusichern. Man stellt mitunter Fragen, über die sich manche Kund*innen und Ansprechpartner*innen in Redaktionen und Verlagen wundern, nur: Sie haben das vermutlich noch nie erlebt, wir wissen, was alles möglich ist. Deswegen machen wir sowas.
Das Problem ist: Sobald du deinen Fragenkatalog besprochen hast und darauf vertraust, dass der Rest wirklich passen wird, wartet irgendwo da draußen trotzdem die nächste Enttäuschung auf dich. Mein Arbeitstag hat heute damit begonnen, dass ich meine Emails der letzten Monate durchsucht habe, um auf Wunsch einer Ansprechperson in einer Redaktion aufzustellen, wie viele Mails zwischen einer Jobanfrage und dem schlussendlichen Canceln des Auftrags, weil die Kunden plötzlich fast 1:1 meinen Text aus dem Vorjahr übernehmen wollten, hin und her gegangen sind. Solltet ihr euch übrigens fragen, warum ich für meinen eigenen Artikel, der nun nochmal gedruckt wird, nichts bezahlt bekomme: Die Nutzungsrechte dafür musste ich dem Verlag vertraglich einräumen, das ist nicht unüblich.
Es ist nicht erst dann Aufwand, wenn ich den Text schreibe
Ein paar geführte Telefonate kann ich beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren, aber vernachlässigen wir die von mir aus. Dann waren es immer noch mehr als ein Dutzend Emails, ein fix bis kurz vor Redaktionsschluss eingeplanter Job, ein PDF mit Anmerkungen der Auftraggeber*innen meiner Auftraggeber*innen, das ich natürlich pflichtbewusst weitergeleitet habe, um zu fragen, wie wir das mit der Bezahlung regeln können. Nun scheint es so zu sein: Offenbar bekomme ich tatsächlich gar nichts. Denn es ist so, dass erst bezahlt wird, wenn schon was geschrieben wurde. Und in diesem speziellen Fall wurden zwar viele Emails geschrieben, aber eben kein neuer Artikel.
So ein Artikel entsteht allerdings folgendermaßen: Wir werden für einen Auftrag angefragt, wir sagen zu, schauen uns im besten Fall auch gleich das Medium an, sofern wir es nicht bereits kennen. Wir telefonieren und schreiben Mails an Ansprechpartner*innen, Redaktion, Interviewpartner*innen, Grafik, Produktion,… Wir bekommen für Texter-Geschichten unter Umständen ein Briefing, das wir lesen. Wir recherchieren. Wir lesen und unterschreiben möglicherweise sogar eine Textervereinbarung, wenn es eine solche gibt und wir für Kund*innen zum ersten Mal tätig werden. Wir schauen, wie wir zu Bildmaterial kommen, denn mitunter gehört auch das zu unserem Job. Wir wenden in der Regel viel Zeit auf, um überhaupt erst einmal mit dem Schreiben beginnen zu können.
Wenn ich angestellt bin und Arbeiten erledige, die sich im Nachhinein als unnötig herausstellen, ist das natürlich genauso ärgerlich, kostet Zeit und Nerven, aber ich bekomme mein Gehalt. Aber wenn ich das Gleiche als Selbstständige mache, es sich als unnötig herausstellt und ich diesen Aufwand nicht bezahlt bekomme, kostet es mich sogar Geld. Weil ich in dieser Zeit andere Aufträge nicht annehmen konnte, mit denen ich etwas verdient hätte.
Bewusstseinsarbeit ist wichtig
Mir ist wohl bewusst, dass unsere Ansprechpartner*innen in den Redaktionen und Verlagen oft nie selbstständig waren und einiges daher nicht so gut wissen oder nachvollziehen können. Also bin dazu übergegangen, es ihnen zu erklären. Ich bin sehr sicher, dass ich auch heute durchgedrungen bin und verstanden werde, aber es ist nur ein(e) Ansprechpartner*in von vielen. Daher war es mir ein Bedürfnis, das endlich einmal öffentlich zu schreiben. Ich weiß auch, dass die Leute in den Redaktionen vieles gar nicht selbst entscheiden können, aber auch da bitte ich inzwischen sehr vehement darum, dass sie das mit ihren Vorgesetzten abklären. Für jetzt und für die Zukunft.
Wir wollen doch alle vertrauensvoll und gut zusammenarbeiten und gemeinsam tolle Geschichten und Medien produzieren. Aber Menschen wie ich können ihre Jobs nur dann gut machen, wenn wir von dem, was wir damit verdienen, auch leben können. Wenn wir fair behandelt und fair bezahlt werden.
Zu ergänzen ist noch ein aufrichtiges Danke an alle Auftraggeber*innen, die sich durchgehend als sehr fair erweisen. Es sind zum Glück eh viele, aber es bräuchte noch viel mehr davon.
Jedes (o.k., fast jedes) Printmedium prangert Ausbeutung, Ausnützung, sonstige Ungerechtigkeiten und Verletzungen der Menschenwürde an. Vielleicht sollten die mal den Augias für den eigenen Redaktions- oder Führungs-Stall einsetzen? Dass in Österreich viel abgeschrieben oder nachgeschrieben wird soll sein – aber Qualitätsmedien aller Art gehören für solche Ausbeutermethoden an den Medien-Pranger!