Wir sind bereits seit elf Tagen unterwegs und nähern uns schön langsam dem Höhepunkt unserer Reise, zumindest erwarte ich sehr viel von Saigon / Ho-Chi-Minh City. Aber vorher geht’s erst einmal mit dem Schnellboot von der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh zurück nach Vietnam. Zur Auswahl stehen ein großes und ein kleines Boot und ich entscheide mich kurzerhand für das kleine. Eine gute Entscheidung, denn wir haben viel Spaß. Das hintere „Außendeck“ wird kurzerhand zur Partyzone erklärt, wir rauchen und trinken Whiskey aus der Flasche. Auch unser Guide gesellt sich dazu und erzählt uns einiges über Chau Doc, wo wir anlegen und die Nacht verbringen werden. Irgendwann stellt der Steuermann fest, dass zu viele von uns in der „Partyzone“ sitzen. In so einem kleinen Boot sollte das Gewicht gut verteilt sein, was mich angesichts der Krokodilwitze (tatsächlich weiß ich bis jetzt nicht, ob es dort welche gibt oder nicht) etwas beunruhigt. Die Wassermassen selbst sind es eher nicht, immerhin hängt an meiner Schwimmweste sogar eine Pfeife. Leonardo, are you here?
Nach zwei Zwischenstopps irgendwo im Nirgendwo, wo die gestrengen Beamten unsere Pässe und Visa kontrollieren, landen wir am Hafen von Chao Doc. Es wird allmählich dunkel und der Reiseleiter, der inzwischen ungefähr sechste in den nicht einmal zwei Wochen, rät davon ab, hier außerhalb des Restaurants zu essen. Er betont das mehrmals mit besorgtem Blick, als halten wir uns daran. Das Essen im Hotel ist eher mau.
Zu Besuch im schwimmenden Dorf
Am Morgen besichtigen wir die Lady-Chua-Xu-Pagode. Wir kaufen Räucherstäbchen und wünschen uns was. Anschließend besuchen wir ein schwimmendes Dorf in der Nähe von Can Tho. Laut Reisebeschreibung sollen wir dort einiges über die Bewohner erfahren, die ihr ganzes Leben am und mit dem Fluss verbringen, aber enttäuschenderweise erfahre ich nicht viel. Wir legen an, gehen über einen ziemlich langen, schmalen Holzsteg, der erstaunlich stabil ist, sehen einer Weberin bei ihrer Arbeit zu, werfen einen kurzen Blick auf die Verkaufsstände, die uns als Erstes begrüßen, folgen dem Reiseleiter, sammeln zumindest ein paar Eindrücke, erreichen das dahinter liegende muslimische Dorf, blicken auf eine Moschee und ein paar Häuser – und schon geht es wieder zurück zum Boot. Naja.
Auf einer Krokodilfarm mit angeschlossenem Restaurant (frischer geht’s nicht) probiere ich Krokodil und befinde es für gut. Die Tiere sehe ich mir vorsorglich aber erst später an. Kann ich das auch abhaken. Richtig begeistern wird mich später erst der geniale Sonnenuntergang über dem Mekong-Fluss, den wir bei ein paar Cocktails von der Dachterrasse aus genießen. Es schüttet mal wieder, die Bar ist glücklicherweise teilweise überdacht. Und als wir später einen Spaziergang durch die Stadt machen wollen, lässt der Regen nach. Danke, Wettergott. So sind wir quasi live bei einer vietnamesischen Hochzeit dabei (Kitsch pur, aber lustig) und Lutz bekommt spontan einen neuen Haarschnitt verpasst. Cooler Typ, der junge Friseur. Wir machen viele Fotos und die Mutter und Freundin des Friseurs auch, weil so ein europäischer Kunde hier eher etwas Außergewöhnliches ist. Vorbei an der riesigen Ho-Chi-Minh-Statue am Flussufer geht’s zurück ins Hotel und ziemlich bald ins Bett. Am nächsten Tag werden wir nämlich schon um sechs Uhr geweckt. Normalerweise ist „erst“ um 6:30 Uhr Tagwache.
Schlangenschnaps im Mekong-Delta
Wie immer quälen Nicole und ich uns frühmorgens aus dem Bett, freuen uns aber auf die Besichtigung des schwimmenden Marktes von Cai Rang. Ich habe zuvor ein paar Fotos von schwimmenden Märkten gegoogelt, allerdings sieht dieser hier nicht annähernd so aus, wie ich erwartet hatte. Was möglicherweise auch ein wenig an dem grauen Himmel liegt, der mir langsam aber sicher auf die Nerven geht. Dennoch bin ich überzeugt, dass es schönere schwimmende Märkte als den hier gibt. Wir schippern ein wenig zwischen den Booten herum, von denen heraus Händler allerlei Zeug verkaufen. Einige von uns nehmen Getränke und Ananas mit, ein paar Fotos hier und dort, dann sitzen wir auch schon wieder im Bus und fahren Richtung… Nein, noch geht es nicht weiter nach Saigon, denn unser Guide macht uns ein Angebot, das seltsamerweise optional und nicht bereits in der Reise inkludiert ist: eine Fahrt durch das Mekong-Delta.
Wir nehmen begeistert an, denn eigentlich sollte man nicht in dieser Gegend gewesen sein, ohne sich das Delta anzuschauen. Wieder besteigen wir ein Holzboot, genießen die Landschaft, die langsam an uns vorbei zieht, steigen irgendwo aus und bekommen erst einmal jeder ein Stamperl in die Hand gedrückt. Schlangenschnaps-Verkostung. Ich hatte mir fest vorgenommen, nichts zu trinken, in dem vorher eine Schlange herumgeschwommen ist (Phobikerin), aber natürlich halte ich mein Glas auch irgendwann hin und kippe das Zeug mit leicht angewidertem Blick hinunter. Gar nicht übel, gebe ich erstaunt zu. Wir erfahren, wie lokale Spezialitäten hergestellt werden, was ziemlich interessant ist, weil es endlich mal nicht wie eine übliche Verkaufsshow wirkt (was es natürlich trotzdem ist), fahren noch ein bisschen herum, lernen beim Mittagessen, wie man die klassischen Frühlingsrollen mit Reispapier rollt (nicht wirklich schwierig, aber sehr fein), sitzen irgendwann wieder im Bus und nach 170 Kilometern Fahrt sind wir dann auch schon am Ziel unserer Reise: Saigon.
Und in diese Stadt, muss ich sagen, habe ich mich tatsächlich ein bisschen verliebt. More coming soon…