Unterhosen-Mann, Rotschädel und andere Strandgeschichten

So ein Strand ist ja ein Sammelsurium an Eitelkeiten und Kuriositäten. Am ersten Tag kommst du an, wunderst dich über die vielen, mit Hotel-Handtüchern reservierten Liegen. Und machst es selbst natürlich nicht anders, weil der Langschläfer-Teil deiner Gruppe erst in einer Stunde nachkommen wird. Schließlich will man zusammen liegen, so lässt es sich später auch viel besser lästern. Also auch. Ihr wisst schon. Ach, als würdet ihr es anders machen! 😉

Du machst es dir gemütlich, schaust dich um und schickst erst einmal deine Komplexe über den Jordan. Am Strand sind mehr oder weniger alle gleich (wenig bekleidet, lustig bekleidet, gar nicht bekleidet). Schon nach kurzer Zeit hast du die ersten Spitznamen für Badegäste in deinem näheren Blickfeld kreiert.

Der Speedo-Mann zum Beispiel. Sich einzig an seiner eher knappen Badehose aufzuhängen, das wäre zu kurz gegriffen. Er hat sie ausgestopft, davon bin ich auch Tage später noch überzeugt. Fälschlicherweise rechne ich ihm irgendwann die junge, äußerst hübsche Freundin zu und frage mich… Nein, Kopfkino, Hilfe, aus! Dann komme aber drauf, dass an diesem Strand noch mehrere Männer mit ähnlicher Frisur und ähnlichem Macho-Auftreten herumstolzieren. Die Badehose hätte auch nicht gepasst, der Strandbesucher mit der jungen Freundin zeigt nämlich nicht so explizit, was er zu bieten hat oder vielleicht auch nicht. Nein, Speedo-Mann trägt konsequent seine hautenge Schummel-Speedo. Jeden Tag, jede Minute. Ins Wasser geht er selten, das wäre ja Verschwendung, findet er wohl.

Der Unterhosen-Mann. Die anderen erzählen mir von ihm, um ihn mir gleich am nächsten Tag persönlich zu zeigen. Unterhosen-Mann trägt eine etwas sehr locker sitzende Hose (wenn ihr versteht), die Beine schön aufgestellt und freilich so, dass ihm jeder Besucher der Strandbar… naja, ihr könnt es euch denken. Bei näherer Betrachtung scheint es sich doch um eine Badehose zu handeln, aber den Spitznamen behält er. „Einen Sex on the Beach für den Herren auf der Liege“, möchte ich der Kellnerin zurufen. Dann hätte er, was er möglicherweise will (und nicht bekommen wird, so nicht, never ever) und uns wäre wieder ein uneingeschränkt schöner Blick auf das Meer garantiert.

Die Sonnenbrand-Familie. C. vermutet, man müsste ihnen wohl erst einmal erklären, dass die Sonnencreme längst erfunden wurde. Und ihnen am besten gleich zeigen, wie man sie anwendet. „Nicht schlucken, auftragen und eincremen… Ja genau, so.“ Bitte, sollen die Erwachsenen brutzeln wie am Abend unsere Grillwürste über dem offenen Feuer, mir egal. Aber um Himmels Willen, cremt wenigstens eure Kinder ein, ihr hirnlosen Menschen!

Ich schaue mich genauer um und bezweifle, dass die Kosmetik-Industrie mit Sonnencremes wirklich Gewinne einfährt. Rotschädel, Rotrücken, Rotbrüste, wohin ich blicke. Ein trauriger Anblick.

Gerne wüsste ich, wann im Laufe der Woche die „witzigste“, bunteste Badehose gekürt wird. Auch hier wird der Strand zum Laufsteg der Kuriositäten. Manch einer kann von Glück sprechen, dass die Strandmode-Polizei hier nicht patrouilliert, sondern der einzige Typ, der sowas ähnliches wie eine Uniform trägt und barfuß über große und kleine Steine (au au au!) spaziert, lediglich das Geld für die Strandliegen kassiert, die Tretboote vertickt und gleichzeitig anscheinend der einzige „Lifeguard“ weit und breit ist. Steht zumindest auf seinem T-Shirt (Quasi-Uniform halt), aber vielleicht hatte das H&M auch vor Beginn der Badesaison im Sortiment, man weiß es nicht. Brusthaartoupet, rote Badehose und Rettungsboje sehe ich jedenfalls nicht bei ihm. Dafür höre ich jedes Mal die Baywatch-Melodie, wenn er an mir vorbei läuft. „Some people stand in the darkness afraid to step into the light, some people need to help somebody when the edge of surrender’s in sight…“ La la la…

Die Klugscheißer-Deutschen. Hinter mir haben es sich ein paar Deutsche bequem gemacht. Klugscheißen ohne Ende. Der eine ist anscheinend ausgebildeter Fließwasser-Retter oder so. Tönt er zumindest lautstark herum. Wow, toll. Ich grinse, stecke mir die Stöpsel meiner Kopfhörer in die Ohren und drücke auf Play.

Aber es gibt Lichtblicke. Den Italiener zum Beispiel, der aussieht wie dieser französische Schauspieler. Guillaume Canet. Umringt von einer Schar lachender Kinder. Eingecremte Kinder, keines davon sieht gegrillt aus. Geht doch. Der Schwimmlehrer? Alles seine? Nein, aber drei davon. Plus Frau, die am Ufer sitzt und sich denkt, was für einen tollen Kerl sie da hat. Vermutlich zu recht. Sowas fällt halt positiv auf am Strand der Eitelkeiten und Kuriositäten.

 

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