Sicher kennt ihr auch diese Leute, die immer ein Lächeln auf den Lippen haben. Die, denen es oft selbst nicht so gut geht, aber die das überspielen, indem sie einfach ein Lachen vortäuschen. Ich kann das nicht. Wenn ich sauer, traurig oder enttäuscht bin, merken andere das. Immer. Ich trage also kein Dauergrinsen im Gesicht, dafür habe ich ein Smiley-Dauerabo auf der Tastatur. Ich bin Journalistin, ich kann seitenlange Texte schreiben, ohne auch nur an Smileys zu denken. Aber ich kann kaum eine Nachricht formulieren, ohne zumindest nach jedem dritten Satz ein lachendes oder augenzwinkerndes Smiley anzuhängen. Meine liebe Freundin R. erwähnt das von Zeit zu Zeit und dafür bin ich ihr dankbar. Und dann lasse ich das gelbe Schmunzelgesicht wenigstens für eine Weile nach jeder gefühlt 100. Zeile weg.
Das Problem an uns Heavy-Smiley-Usern ist: Wir können nicht anders. Seit die :-)s und ;-)s erfunden wurden, haben wir uns daran gewöhnt, Nachrichten damit zu versehen. Früher Emails, heute SMS-, WhatsApp- und Messenger-Nachrichten, Facebook-Postings und Tweets. Wir vertrauen nicht zwangsläufig darauf, dass unsere Texte immer richtig interpretiert werden. Möglicherweise wollen wir uns so auch Probleme und Diskussionen ersparen. Ironie? Zwinkersmiley dahinter und gut ist’s. Glaubt einem alten Twitter-Hasen: Gerade dort funktioniert Ironie zum Beispiel gar nicht. Und die anschließende Diskussion in 140 Zeichen zu führen, kann zur abendfüllenden Aufgabe werden. Kann man sich also ersparen, wenn man will.
Wenn ich mein Gegenüber nicht sehe und nicht einmal ihre oder seine Stimme höre, wird es mitunter einfach kompliziert.
Diese ganze Herumtexterei scheint die zwischenmenschliche Kommunikation sowieso gravierend zu verändern. Ich schreibe, anstatt anzurufen, ich tippe zumindest beruflich elendslange Emails, weil ich glaube, dass das mein Gegenüber so erwartet, und wenn ich telefoniere, frage ich meistens als erstes, ob ich eh nicht störe. Klar telefoniere ich und im Grunde mache ich das sogar sehr gerne. Aber oft lasse ich es eben einfach. Nur: Wenn ich mein Gegenüber nicht sehe und nicht einmal ihre oder seine Stimme höre, wird es mitunter einfach kompliziert. Ich merke nicht, wie der Mensch da drüben auf das, was ich schreibe, reagiert, ich höre nicht am Tonfall, wie es dem anderen geht. Das wird umgekehrt nicht anders sein. Also Smiley dran und wird schon passen. Klingt nach Lüge? Nicht wirklich, eher danach, dass wir nicht immer alles preisgeben wollen, auch, weil wir gar nicht immer wissen können, ob das überhaupt okay wäre. Absolut menschlich. Aber irgendwie auch dumm, denn vielleicht interessiert sich der andere ja ehrlich dafür, ob ich gerade traurig oder glücklich bin.
Was für ein Glück, dass wir auf Facebook seit geraumer Zeit direkt angeben können, ob wir gerade „glücklich“, „zufrieden“, „traurig“, „wütend“ oder „einsam“ sind. Danke, Facebook. Irgendwann würde ich das Psychogramm, das ihr da von mir erstellt, gerne mal zu Gesicht bekommen. Aber wenigstens: keine Extra-Smileys nötig.
Dass man dort gar nichts rein tippen muss und Smileys auch ansonsten einfach weglassen kann, muss ich nicht extra betonen. Kann ich und mache ich auch. Aber dann werde ich manchmal unsicher. „Die Karrer schreibt ohne Smiley? Ah, Hilfe, Problem!“ Ich sehe das Gegenüber dann direkt vor mir und will am liebsten eine Nachricht nachschicken: „Nein, ich bin eh nicht sauer.“, „Ich bin nur ein bisschen grantig, kein Smiley heute, aber nichts von Dauer…“, „Es geht mir übrigens ur gut, ich fand, das solltest du wissen.“
Vielleicht sollte ich mein Smiley-Dauerabo mal für ein paar Tage unterbrechen und schauen, was passiert. Vermutlich nicht viel.
Merkt ihr was? Kein Smiley. Bis jetzt nicht. Dabei lächle ich gerade. Geht.