Return to Sender – ein (T)wandertag am Bisamberg

Gut gelaunt und für einen Samstagmorgen überraschend wach treffe ich (weniger überraschend) etwas unpünktlich bei der Straßenbahnhaltestelle Stammersdorf ein. Weil ich dann doch noch nicht ganz munter zu sein scheine, begrüße ich Thomas, der diesen Tag ermöglicht hat, gleich einmal mit freundlichem Händeschütteln und „Hallo, ich bin die…“. Kurzer Protest bei ihm, kurzes Rotwerden bei mir. Thomas ist nämlich einer der wenigen in der Gruppe, die ich bereits kenne. Er ist der #wienfakt Mann, der die Twittergemeinde regelmäßig mit Wien-Wissen versorgt. Seither weiß ich, in welche U-Bahn-Garnituren ich einsteigen kann, wenn sich die Außentemperaturen auf die 40 Grad zubewegen. Oder dass die letzte schaffnerbetriebene Straßenbahn erst 1996 eingezogen wurde.

Falls ihr #wienfakt noch nicht kennt, könnt ihr alles hier nachlesen.

Einige von uns haben Thomas wochenlang bearbeitet, bis er sich tatsächlich bereit erklärt hat, einen kleinen, privaten Wandertag zu veranstalten. Hashtag: #Twandertag. Ziel: die ehemalige Mittelwellen-Senderanlage am Bisamberg.

„Return to Sender“ summend trabe ich los und werde sogleich von einem Mit-Twanderer zurückgepfiffen. Das ändert nichts daran: Elvis hat mir längst den Ohrwurm des Tages geliefert (und ihm auch, haha). An den Absender zurückgeschickt wird heute dennoch nichts, im Gegenteil: Wir empfangen sehr gerne, was Thomas erzählt. Zum Beispiel, dass Stammersdorf im 12. Jahrhundert zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde. Übrigens gehört Stammersdorf erst seit 1938 zu Wien – ein sehr unrühmlicher Teil der österreichischen Geschichte. Bis zum Bau der Brünner Straße war das Dorf außerdem relativ abgeschieden. Zum Glück weiß Tom, seit wann die Straßenbahn nach Stammersdorf fährt – und eine Briefmarke mit der Dampflok drauf hat er auch gleich mitgebracht.

Der alte Pfarrhof. Wir sind nicht ganz sicher, ob unser Besuch erwünscht ist. R. beruhigt: „Bei uns am Land ist es so: Wenn offen ist, darfst reingehen.“ Ländlich ist dieses Stück Wien zweifellos, also hinein mit uns. Dem heiligen Leopold zuzwinkern und die alte Weinpresse bestaunen. Die erklärt uns schließlich ein vermeintlich grantelnder Ortskundiger. Nicht alles ist, wie es scheint.

Den Blick in die Kirche verhindert eine Hochzeit. So gut kann nicht einmal Thomas planen… Weiter zum Friedhof.

Weil die Stadtwanderweg-Route schließlich jeder nehmen kann, machen wir das nicht. Zumindest großteils nicht.

Es geht vorbei an…

„Wir lieben Griechenland“- und „Wir lieben alles, was bunt ist“-Häuschen,

„Rettet die Kröten“-Schildern,

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wunderbaren Feldern mit herrlichem Ausblick auf Wien,

sogar an einem Deppen-Apostroph.

Endlich ist das Ziel, der Sender am Bisamberg, erreicht. Die ehemalige Mittelwellen-Anlage wurde bis 2008 genutzt (wenn auch in den letzten Jahren nur noch teilweise). 2010 wurden die beiden Sendmasten gesprengt, da ihre Erhaltung zu teuer geworden war – übrigens angeblich nur wenige Tage, bevor sie unter Denkmalschutz gestellt worden wären. Den Rest bitte selbst zusammenreimen.

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Als nicht besonders technik-affiner Mensch stürzte ich mich direkt auf die wunderschöne Aussicht.

Allerdings muss ich zugeben, dass auch ich fasziniert bin von den vielen Schaltern und Knöpfen. Dass ich mehrmals der Versuchung widerstehen muss, einen davon zu drücken, nur um zu schauen, was passiert. Ich weiß, ich bin nicht die einzige. 🙂 Wir machen das natürlich nicht, immerhin wissen wir nicht so genau, wo vielleicht doch noch Strom fließt. Der Sender ist noch nicht tot – das kann er übrigens gar nicht sein, das Gebäude selbst samt Senderaum steht nämlich tatsächlich unter Denkmalschutz.

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Der sogenannte Feeder (die Reusenleitung) zum Südmast erinnert mich ein bisschen an das Hollywoodzeichen in L.A. Vielleicht hat mich die Höhenluft aber auch zu euphorisch gemacht.

U(h)r cool finde ich die Einkerbung beim Minutenzeiger. Leider vergesse ich zu fragen, ob das eine Bedeutung hat. Weniger cool (dafür aber umso lustiger) finden wir die Tatsache, dass ein gewisser „Fritz Fantom“ seine Spuren im Senderaum hinterlassen hat. Im Sender wurde eine (von gefühlten 10.000) „Tom Turbo“-Folge gedreht. Jetzt wisst ihr das auch.

Ein bisschen Technik-Kram…

Ein paar Hinweise…

Ein bisschen Außenansicht.

Mittagessen gibt’s im sonnigen Magdalenenhof-Schanigarten. Davon hab‘ ich leider keine Fotos, weil… omnom… 😉

Weiter geht’s. Thomas macht uns auf die Gedenkstätte für den Dichter Josef von Eichendorff aufmerksam. „Da wurde er begraben?“ – „Äh, nein?“ (ich so). Und wir stehen plötzlich mit einem Fuß in Niederösterreich.

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Aber unsere Augen sind auf Wien gerichtet.

Ein Teil der lustigen (T)wandertruppe. Der Rest ist vermutlich doch noch in Niederösterreich oder schon beim Geocachen.

Sogenannte Bisam-Bienen. 😉

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Zwei Straßennamen mitten im Nirgendwo. Niemand weiß, weshalb die dort eigentlich stehen, wenn ich es richtig verstanden habe, nicht einmal das zuständige Magistrat. Die Post wird hier ganz sicher keiner Menschenseele zugestellt.

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Sogenannte „Field Art“. 😉

Bevor sich ein Teil der Gruppe zum Heurigen und der andere nach Hause verabschiedet, zeigt uns Thomas noch die Alten Schanzen. Die wurden während des Preußisch-Österreichischen Krieges als Verteidigungsanlagen errichtet, insgesamt 31 davon findet man in ganz Wien. Am Bisamberg sind es vier. Ungefähr 5000 Soldaten haben hier in Kriegszeiten mehrmals umsonst auf ihren Einsatz gewartet, erzählt Thomas. Eben im Preußisch-Österreichischen Krieg und im Ersten Weltkrieg. Während des Zweiten Weltkrieges wurden zusätzlich Fliegerabwehrkanonenstellungen (und im nahegelegenen Herrenholz ein Werk für Flugzeugmotoren) errichtet. An einer noch bestehenden Ruine aus dieser Zeit gehen wir vorbei.

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Ein schöner, langer „Hatscher“, die reinste Hitzeschlacht an diesem Juli-Tag. Aber vor allem ist es ein wirklich spannender, lehrreicher und mit diesem Grüppchen auch ein sehr lustiger „Hatscher“. Insofern spreche ich vermutlich für alle, wenn ich Thomas herzlich für den coolen #Twandertag danke. Ich halte es wie G. (seine Twandertag-Geschichte bitte hier nachlesen): Wohin auch immer es beim nächsten Mal geht, ich bin dabei!

 

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