Just one more Tinder-Story…

Über Dating-Apps ist schon so viel geschrieben worden, dass ich dazu ursprünglich kein Wort mehr verlieren wollte. Nun ist es aber so, dass ich in den letzten Tagen wahnsinnig viel darüber gesprochen habe und inzwischen bin ich ja ein bisschen Expertin in diesem Feld geworden. Und tatsächlich gibt es doch noch etwas zu sagen. Also bitte: Das hier wird dann vermutlich wirklich meine letzte Tinder-Story…

Mit Tinder hatte ich richtig Glück. Das weiß ich spätestens, seit ich mir Freunde und Bekannte von durchwegs seltsamen Erlebnissen erzählt haben. Drei Dates hatte ich Anfang des Jahres und alle drei waren echt okay. Beim Immobilienmakler, der ein bisschen auf dicke Hose gemacht hat, hat es meinerseits nicht gefunkt. Das war mir nach fünf Minuten klar, aber wir haben uns trotzdem nett bei Schnitzel und Bier unterhalten und uns danach nie wieder beieinander gemeldet. Der Zweite hat mich nach ein paar Wochen und vielen lustigen Dates geghostet. Seitdem weiß ich, dass es einen Begriff dafür gibt, plötzlich ohne ein Wort aus dem Leben des anderen zu verschwinden. Mit dem Dritten hat es im zweiten Anlauf geklappt, aber auch das war nichts auf Dauer. Wir bemühen uns um eine Freundschaft.

Inzwischen liegt mein Tinder-Profil brach. Mit einem Kerl habe ich wochenlang Nachrichten ausgetauscht, er wollte mich treffen, ich ihn auch, wenngleich mit einem nicht umwerfend gutem Bauchgefühl. Es ist beim Vorsatz geblieben, er hat sich nie wieder gemeldet. Ein anderer hat sehr schnell nach einem Treffen gefragt, aber als ich einen konkreten Vorschlag gemacht habe: Schweigen. Auch egal, aber anscheinend typisch für diese Dating-Apps, die viele wohl dazu nutzen, ihren Marktwert zu testen, was auch immer das bedeuten mag.

„Hast du auch ein Foto, auf dem mehr von dir zu sehen ist?“

Zwischendurch habe ich auf Empfehlung kurz dieses Candidate ausprobiert. Da sieht man keine Fotos, sondern beantworte erst einmal ein paar Fragen beziehungsweise erstellt selbst ein „Quiz“ oder wie das heißt. Erst, wenn sich der andere für einen entscheidet, werden die Fotos freigeschaltet. Allerdings kam von den meisten dann gleich mal die Frage: „Hast du auch ein Foto, auf dem mehr von dir zu sehen ist?“ Ehrlich gesagt: Diese Frage hat mir selbst beim ach so oberflächlichen Tinder noch nie jemand gestellt.

Ich bekomme bis heute viele Nachrichten. Die meisten beginnen mit „Hi“ und enden nach dem Rufzeichen.

Irgendwann vor ein paar Wochen habe ich mich schließlich bei OKCupid registriert. Vermutlich ist das sogar noch eine recht gute App. Fragen wie „Würdest du dich mit jemandem verabreden, der nicht deine ‚Race‘ hat?“ oder „Würdest du jemanden daten, der Waffen zu Hause hat?“ zeigen halt sehr klar, dass die App zuerst einmal für den Ami-Markt gemacht ist. Als einer der ersten Kandidaten ist mir gleich mal der Ex über den Weg gelaufen, was ich grundsätzlich nicht so prickelnd finde, aber gut. Ziemlich schnell bin ich auf 200 Likes gekommen, deren Urheber ich allerdings nie sehen kann, weil ich dafür extra bezahlen müsste. Das steht auch so in meinem Profil und die Likes verraten mir, dass 200 Männer nicht Willens gewesen sind, mein Profil zu lesen. Ich bekomme bis heute viele Nachrichten. Die meisten beginnen mit „Hi“ und enden nach dem Rufzeichen. Ich habe mich sogar dazu durchgerungen, zwei Männer anzuschreiben, die aber beide nicht geantwortet haben. Immerhin fühle ich mich zumindest hin und wieder gut unterhalten. Die bisher lustigste Nachricht: „Ich hoffe, du hast keine Vorurteile, weil ich auf meinem Foto nichts anhabe.“ All time Favorite.

Um ganz ehrlich zu sein: Mich langweilt das alles inzwischen ein bisschen. Ich will meine Abende nicht damit verbringen, mich durch irgendwelche fremden Profile zu wühlen und großteils nichtssagende Nachrichten auszutauschen. Ich bin nicht mal sicher, ob ich noch mehr Blind Dates haben möchte. Die mit Abstand nettesten OKCupid-Gespräche führe ich inzwischen mit einem Mann, dem ich auf Twitter schon lange folge und vice versa. Wir hatten bisher wenig miteinander zu tun, jetzt tauschen wir uns regelmäßig über das Leben, das Singlesein und (haha) Dating-Apps aus. Das ist fein und besser wird’s auf diesen Plattformen kaum noch, vermute ich. Man soll das Ganze nicht allzu ernst nehmen, meint er und hat damit sehr sicher recht.

Wenn es stimmt, dass das Leben da draußen auf uns wartet und nicht im Internet, dann sollte ich dem „echten“ Leben vermutlich nochmal eine Chance geben.

Und was mir inzwischen klar geworden ist: Wenn es stimmt, dass das Leben da draußen auf uns wartet und nicht im Internet, dann sollte ich dem „echten“ Leben vermutlich nochmal eine Chance geben. Ohne Hintergedanken und wenn es sein soll, dann wird es schon passieren. Vielleicht versuche ich es endlich mal mit Geduld und verschanze mich in der U-Bahn nicht mehr ständig hinter meinem iPhone, sondern lächle stattdessen einfach so vor mich hin. Dass ich das kann, weiß ich immerhin, und vielleicht kommt ja auch mal nicht nur ein Lächeln, sondern auch eine Einladung zum Kaffee zurück.

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