Väter und Töchter haben ja oft mehr gemeinsam, als es den Töchtern (zumindest in Teenager-Trotzphasen) manchmal lieb ist. Bei meinem Papa und mir ist das auch so. Eines gehört aber definitiv nicht dazu: Während ich mit meinen Freunden aus der Schulzeit entweder gar nichts mehr zu tun habe oder sich unser Kontakt weitgehend auf Facebook beschränkt, zieht es den Herrn Papa Woche für Woche zum Heurigen, um dort Freunde zu treffen, mit denen er großteils schon einen Teil seiner Kindheit verbracht hat.
Eine Antwort auf die Frage, wie sich Freundschaften über so viele Jahrzehnte halten können, habe ich bis heute nicht gefunden, dafür kenne ich jetzt eine Geschichte, die damit zu tun hat. Irgendwann vor einigen Wochen sitzen meine Eltern und ich zusammen, als mein Papa plötzlich etwas loswerden will. Eine Bitte hätte er an mich. Ein gewisser Norbert Tischelmayer hätte ihn kontaktiert. Ein Mann, den er seit seiner Zeit als Lehrling nicht mehr gesehen hat. Inzwischen hätten sie sich getroffen und Norbert hätte ihm von seinem Vorhaben erzählt, ein Treffen zu organisieren. Und zwar ein Wiedersehen jener Leute, mit denen ihn und meinen Papa eine gemeinsame Zeit im Franz-Domes-Lehrlingsheim verbindet. Eine schöne Zeit, wie beide immer wieder betonen.
Der Plan: Die Leute von damals zusammenbringen
Dazu muss man wissen, dass die beiden Herren inzwischen 70 und 72 Jahre alt sind. Die Zeit im Lehrlingsheim ist somit mehr als 50 Jahre her, eine ziemlich lange Zeit. Aber eine, die beide genug geprägt haben dürfte, um sich die Mühe zu machen, Freunde und Bekannte von früher zusammen zu trommeln. Ob er mir vielleicht ein bisschen was darüber erzählen dürfe und ich dann einen Text darüber schreiben würde, fragt mich mein Vater. Einen Gefallen, den ich ihm nicht abschlagen kann. Natürlich kann ich das nicht, es kommt ohnehin viel zu selten vor, dass er von früher spricht.
Vielleicht muss man noch dazu sagen, dass es mein Papa als Kind alles andere als leicht hatte. Seine Mutter, meine Großmutter, die ich leider nie kennenlernen konnte, wurde sehr früh sehr krank. Über die Zeit im Kinderheim weiß ich praktisch nichts und das ist sicher auch okay so, denn das wenige, das ich darüber gehört habe, war nicht unbedingt berauschend. Irgendwann war mein Vater dann alt genug, um eine Lehre beginnen zu können. Womit sich die Frage stellte, wohin mit ihm. Ein Zuhause gab es ja nicht mehr, aber er hatte Glück und bekam einen Platz im Franz-Domes-Heim im vierten Wiener Gemeindebezirk. Was damals eher eine große Ausnahme für einen Wiener war, denn das Lehrlingsheim, errichtet und betrieben durch die Wiener und die niederösterreichische Arbeiterkammer, war grundsätzlich für junge Männer aus dem ländlichen Raum gedacht, wo es häufig an Lehrstellen mangelte.
Der Hintergrund: „Es war eine schöne Zeit“
Was denn so toll an der Zeit in diesem Heim gewesen ist, frage ich meinen Papa. Dass sich wirklich um die Burschen gekümmert wurde, dass es viele Möglichkeiten gab, dort die Freizeit zu verbringen, dass die Betreuer geschaut hätten, auch die beim Lernen Schwächeren weiterzubringen, dass generell darauf geachtet wurde, dass es allen gut ging. Besonders nach der Zeit im Kinderheim muss das für ihn das reinste Paradies gewesen sein, den damaligen Leiter lobt er in höchsten Tönen. „Außerdem wurde uns damals auch ein politisches Interesse vermittelt“, fügt Tischelmayer hinzu. „Viele von uns wurden erstmals über den Zweiten Weltkrieg und die unseligen Begleitumstände informiert, denn in den Schulen hörte der Geschichtsunterricht zu dieser Zeit vor dem Ersten Weltkrieg auf.“
Während mein Vater erzählt, fallen immer wieder Namen von Leuten, die ich selbst seit Jahrzehnten kenne (oder im Fall des einen oder anderen inzwischen leider „kannte“), und Namen, die ich im Laufe meines Lebens zwar schon gehört habe, die zugehörigen Gesichter aber nur von Fotos kenne. Zum Beispiel das des Trauzeugen meines Vaters, ebenfalls ein Freund aus dieser Zeit, den ich nie kennengelernt habe. Nicht jede Freundschaft überlebt die Zeit, das ist klar.
Was aber überlebt, sind eben diese Geschichten. An die über das Gasthaus Kührner zum Beispiel erinnere ich mich gut. Sogar an den alten Herrn Kührner selbst, der meiner Mama immer Blumen und Obst aus dem Garten mitgeschickt hat, wenn Papa ihn auch später immer wieder besucht hat. Auch die Freundschaft mit dem einstigen Stammwirten hat bis zu dessen Tod gehalten. „Der Kührner“, das war für meinen Vater damals sowas wie das zweite Wohnzimmer. Der überwiegende Teil des Freundeskreises, der nicht gemeinsam mit ihm im Franz-Domes-Heim untergebracht war, stammt aus den vielen gemeinsamen Abenden „beim Kührner“. Das Gasthaus gibt es ebenso wie den alten Herrn Kührner längst nicht mehr, aber die Erinnerungen an diese Zeit sind bis heute lebendig.
Die Erinnerungen: unbezahlbar
Ansonsten war man eben mit den anderen Burschen, meistens natürlich mit denen im gleichen Alter, zusammen. Aufgeteilt auf mehrere Gebäude müssen es zu der Zeit um die 200 Lehrlinge gewesen sein, sagt mein Papa. Unter der Woche besuchte jeder seine Lehrstelle, die Berufsschule, und ansonsten wurde im Heim für die jungen Männer gesorgt. Da gab es zum Beispiel auch die Möglichkeit, am Fußballtraining teilzunehmen, und genauso gab es Kurse für die künstlerisch Interessierten. Mein Papa blieb beim Fußball, auch später noch. Am Sonntagabend wurden gemeinsam Filme geschaut, ein wenig einsam war es im Heim nur an den Wochenenden. Zumindest für die wenigen, die dort bleiben mussten, wie eben meinen Papa. Denn die meisten Bewohner fuhren in die Bundesländer zu ihren Familien. Wobei er auch hier Glück hatte und regelmäßig von einem Freund aus dem Heim zu dessen Familie mitgenommen wurde, erzählt er.
Ich finde es wirklich schön, dass die Männer nun beschlossen haben, die Kollegen von damals zusammenzutrommeln. Also vor allem die Jahrgänge um 1955/1960 herum. Die Leute, mit denen man befreundet oder bekannt war, aber auch die, die man vielleicht nur vom Sehen kannte. Einfach wird das nach all der Zeit freilich nicht werden. Erschwert wird das Vorhaben zusätzlich dadurch, dass sich die Suche nicht nur auf Wien beschränkt, sondern dass viele Burschen nach der Lehrzeit wieder zurück in ihre Bundesländer gegangen sind. Ich hoffe sehr, dass ich dabei helfen kann, ein paar der Männer von damals aufzutreiben, indem ich diese Geschichte nun niedergeschrieben habe und darum bitte, sie zu teilen. Im besten Fall findet sich vielleicht sogar ein Medium, das die Story aufgreifen möchte, die Herren sind sicher gerne bereit, mehr darüber zu erzählen.
Das Treffen: Wird im September stattfinden
Stattfinden soll das Treffen im September und wer auch immer sich direkt angesprochen fühlt oder jemanden kennt, der zu dieser Zeit im Franz-Domes-Heim untergebracht war, kann sich gerne bei Norbert Tischelmayer unter norbert.tischelmayer (ät) chello.at oder Tel. 0664 / 231 41 13 melden. Auch eine Facebook-Seite zur Vernetzung hat Tischelmayer eingerichtet. Ich wünsche ihm und meinem Papa, Josef Karrer, von Herzen, dass es klappt.
* 1983 wurde das Franz-Domes-Heim übrigens abgerissen. An der Stelle befinden sich heute unter anderem das Theater Akzent und der Anton-Benya-Park.
Alle Fotos wurden privat zur Verfügung gestellt, danke!
Mein Mann Kurt Ornik war von 1963 bis 1966 auch im Franz Domes Lehrlingsheim, er hatte die Nr. 1/16. Er ist leider voriges Jahr im Juli verstorben. Er hat aber oft davon gesprochen und ich habe ihn damals schon gekannt und von dort abgeholt. Zu Hause war er in Niederösterreich in Opponitz an der Ybbs.
Da muss ich direkt mal meinen Papa fragen, ob die beiden sich gekannt haben. Zeitlich könnte es eigentlich passen.
Mein Name ist Herbert Riegler. Ich war in den Jahren 1953 bis 1957 im Franz-Domes-Lehrlingsheim (Haus 1, 118).
Es wäre interessant zu erfahren, was aus den damaligen Kollegen geworden ist.
Hallo !
Mein Nahme ist Karl Stadler aus Gars am Kamp. Ich war in den Jahren 1967 bis 1970 im Lehrlingsheim. Habe zum Beispiel mit Alfred Reiter und Franz Ledl regelmässigen Kontakt. Vielleicht finden sich noch andere aus diesen Jahren. Ich war im 1. Haus ( Hr. Linhart auch oben am Bild zu sehen ).
Vielleicht meldet sich wer.
LG.
Karl
Hallo, mein Name ist Gerd Preisler, ich war von 1958 bis 1961 im Domesheim im dritte Haus (Nr. 3.56) unter dem Verwalter Pumm und dem Erzieher Gnandt. Meine Freunde im Heim waren der Reiberger Karli, der Nekuda Harald und der Inzinger Gerhard. An die anderen Namen habe ich leider keine Erinnerung mehr. Ich kam damals aus Oberösterreich (Frankenmarkt) nach Wien. Heute lebe ich 77 jährig in Hannover. Seit 1965 lebe ich in Deutschland, bis dahin lebte ich in Wien-Bundeheerzeit in Salzburg Siezenheim eineschlossen.
Natürlich bin ich immer wieder einmal in Wien gewesen und habe deshalb gesehen, dass es das Domesheim nicht mehr gibt.. An Kontakten zu damals wäre ich sehr interessiert.
Liebe Freunde !
Mein Name ist Hermann Pistracher und lebte in den Jahren 1973 – 1976 im Haus 1 – 113. Mit mir wohnten Hubert Stromer, (Franz ?) Neubauer und Gerhard ( Bulli) Schrödl im Zimmer. Ich lernte bei den ÖBB Fernmeldemonteur und übte den Beruf auch bis zu meiner Pensionierung aus. Ich war immer froh und stolz in diesem Heim gewohnt zu haben und nahm auch damals die Möglichkeiten und Angebote gerne an. Es war für mich eine wunderschöne Zeit.
Es würde mich freuen, wenn sich der eine oder andere Kollege an mich erinnert und meldet. Vielleicht findet auch einmal ein Treffen statt.
Liebe Grüße von Pisti
Hallo zusammen!
Vorweg: Ich kenne das Domes-Heim nur von Erzählungen, denn ich war einer von denen die in der nachfolgenden Einrichtung im „JWH Ober St. Veit“ einen Platz fanden.
Aber ich denke ich hätte eine Idee für Euch. Betreiber war die Arbeiterkammer. Auch das JWH Ober St. Veit wurde von dieser mitbetrieben (Kuratorium Wiener Jugendheime oder so ähnlich nannte sich das) . Diese Einrichtung gibt es zwischenzeitlich aber auch nicht mehr. Nun wurden jedoch die Mitarbeiter des JWH von der AK übernommen – zumindest ein Teil davon. Fängt bereits in der Rezeption an. Daher Tipp: Kontaktiert die AK in der Prinz Eugenstraße . Dorft findet sich sicher jemand der Euch weiter hilft