Ich wurde inspiriert, hier auch mal weniger zu schreiben. Dann geht nämlich gerade in sehr arbeitsreichen Zeiten mehr. Was mich auf das Thema „mein Sommerarbeitsplatz ist eröffnet“ bringt. Wer sein eigener Chef ist, darf ja praktisch arbeiten, wann, wo und wie er will. Bei mir spielt vor allem das Wo eine übergeordnete Rolle. Wann und wie, da habe ich mein mehr oder weniger fixes System. Aber das Wo, das suche ich mir gerne aus. Hin und wieder sitze ich gerne direkt beim Kunden (wenn man die meiste Zeit ohne Kollegen verbringt, gehen sie einem wirklich ab), meistens wird mein Wohnzimmertisch zum Arbeitsplatz und viel zu selten verbringe ich Zeit auf meinem eigentlichen Schreibtisch. Letzteres liegt daran, dass dieser nicht in einem eigenen Zimmer steht, sondern nur in einem kleinen Teil der Küche – ich will nicht unzufrieden sein, aber nach mehr als drei Jahren der Selbstständigkeit hoffe ich inzwischen darauf, bald eine Wohnung mit eigenem Arbeitszimmer zu finden.
Wobei dieses neue Domizil, das ich dann eines Tages beziehen werde, eines unbedingt braucht: einen Balkon. Ohne den geht es nicht, schon gar nicht in Wien. Nicht einmal, wenn man so wie ich am Stadtrand von sehr viel Wasser und Grün umgeben ist. Ich war nie wirklich der „Haus mit Garten“-Typ. Nicht, weil ich mir eine solche Idylle nicht gut vorstellen könnte, sondern weil ein Haus mit Garten in Wien unleistbar ist und ich niemals auf ein Auto angewiesen sein möchte. Aber ein bisschen Platz unter freiem Himmel, den ich mein eigen nennen kann, wo ein paar Tomatenstauden, eine Erdbeerpflanze, ein paar Kräuterstauden und orange-violett leuchtende Blumen gedeihen, das möchte ich nach all den Jahren nicht mehr missen. Luxus, ich weiß.
Sobald sich der Sommer von seiner schönen, aber auch brutal heißen Seite zeigt, schnappe ich mir meinen Laptop und wandere ich aus. In mein kleines, grünes Paradies. Möglicherweise nerve ich ein paar meiner Facebook-Freunde und Twitter-Follower schon mit dem immer gleichen Motiv: Füße am Geländer, Ausblick aufs Gänsehäufel. Aber da muss man drüber stehen. Genießen ist erlaubt und Glück will man auch mit anderen teilen.
Wenn ich dann so arbeite, merke ich, dass vieles lockerer von der Hand geht, dass ich entspannter bin. Vorausgesetzt, mein Terrornachbar erholt sich zwischendurch mal selbst von seinen Schreiduellen mit sich selbst, was eher selten vorkommt. Umso mehr zehre ich von solch‘ stillen Momenten, wie gerade jetzt einer ist. Und reißt mich doch wieder die charakteristische Choleriker-Stimme des Nachbarn aus meinen Gedanken, dann bin ich sehr dankbar dafür, dass ein toller Mensch vor langer Zeit die Kopfhörer erfunden hat.
Während ich diesen Text schreibe, die Ruhe und den Ausblick genieße, lebe ich für den Moment. Ich lausche den spielenden Kindern und dem regelmäßigen Trommeln der Drachenbootfahrer auf der Alten Donau. Ich schmunzle über die „der kleine Pauli sucht seine Mama“-Ausrufe im Sommerbad gegenüber, weil ich weiß, dass dort noch nie ein Pauli verlorengegangen ist. Ich beobachte die Wolken auf ihrer Reise und freue mich, wenn dahinter wieder die Sonne hervorkriecht. Ich schaue den Flugzeugen in weiter Ferne beim Landen zu und staune darüber, wie so ein schönes Plätzchen Erde auch mir ein Zuhause schenkt. Es ist nämlich nicht gerade mein Verdienst, dass mich meine Eltern ausgerechnet hier das Licht der Welt haben erblicken lassen – nicht hier in Wien, nicht hier in Österreich, nicht hier im weitgehend friedlichen Europa. Das sollte man schon schätzen, bei allen berechtigen Alltagssorgen.
Wer für sich einen Ort gefunden hat, an dem er seine Alltagssorgen für einen Moment vergessen hat, kann sich glücklich schätzen. Man darf nur nicht darauf warten, dass andere einem diesen Ort einrichten, das muss man schon selbst machen. Und seien es „nur“ ein paar wenige Quadratmeter aus Beton, auf denen man fast jede Gestaltungsfreiheit hat. Finden und nutzen muss man solche Plätze eben selbst – das können übrigens genauso gut der idyllische Waldfriedhof am Kahlenberg, der Augarten, die Donauinsel oder das nette Café im Nachbarbezirk sein.
Jetzt ist es doch länger geworden. Das mit den kürzeren Texten muss ich nochmal üben… 😉